The long-range radar supports autonomous emergency braking when traffic is crossing at intersections and also reliably identifies (motorized) cyclists.
Vision Zero

„Auf gutem Weg
zu einer Welt ohne Unfälle“

Continental tut viel für eine Welt ohne Unfälle. Wie aber lässt sich das ambitionierte Ziel einer „Vision Zero“ konkret erreichen? Harald Feifel, Leiter der internen Unfallforschung von Continental, erklärt typische Unfallszenarien in den verschiedenen Regionen der Welt – und welche Technologien helfen, Leben zu retten.

Harald Feifel, Leiter der Unfallforschung bei Continental
  • Herr Feifel, lassen Sie uns auf dramatisch klingende Zahlen schauen: Alle sechs Sekunden passiert auf der Welt ein Verkehrsunfall, bei dem ein Mensch stirbt oder schwer verletzt wird. Das bedeutet mehr als 1,3 Million Verkehrstote und bis zu 50 Millionen Schwerverletzte weltweit innerhalb eines Jahres…  

Ja, die Zahlen lügen nicht. Wir bei Continental aber helfen, diese Zahlen zu senken. Dafür analysieren wir in der Unfallforschung jedes relevante Unfallgeschehen. Unsere Daten und Empfehlungen fließen dann direkt in die Innovationsforschung und somit in neue Technologielösungen ein.


  •   Continental verfolgt ein anspruchsvolles Ziel: Eine Welt ohne Unfälle, eine „Vision Zero“. Wie kann das gehen?  

Unsere „Vision Zero“ ist ein ambitioniertes Ziel, das ist richtig. Aber keine Science Fiction. Mit gezielten Technologielösungen sind kontinuierlich Fortschritte bei der Verkehrssicherheit zu erreichen, die uns dem Ziel einer Welt ohne Unfälle näherbringen. Das Mobilitätsverhalten der Menschen und die Unfallzahlen unterscheiden sich stark von Region zu Region. In Europa, auch in den USA, ist die Situation weniger dramatisch. Hier sorgen viele Innovationen in den Fahrzeugen für ein signifikantes Plus an Sicherheit. Anders sieht es in Afrika, Südamerika oder asiatischen Ländern aus. Stärker aufstrebende Länder wie Indien oder Vietnam sind beispielsweise noch nicht so weit wie Europa. Das hat viele Gründe.


  • Welche zum Beispiel?

Die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen hat fünf wesentliche Gründe für die noch immer signifikant höheren Unfallzahlen in Schwellenländern identifiziert: die mangelnde Verbreitung des Sicherheitsgurtes beziehungsweise die fehlende Bereitschaft, ihn zu nutzen; Alkohol am Steuer; unangemessene Geschwindigkeit; fehlende Kindersitze; und Motorradfahren ohne Helm.


  • Wie ist dieser Unterschied in Sachen Sicherheit zwischen Industrienationen und aufstrebenden Schwellenländern wie zum Beispiel Indien aufzulösen?

Bevor wir über die Verbreitung von Notbremsassistenten in Indien sprechen, muss zunächst genau analysiert werden: Wie sieht in Indien das typische Unfallgeschehen aus? Und da zeigt sich: Vor allem verunglücken hier Motorräder mit anderen Pkw. Auch die Konstellation Motorrad vs. Motorrad spielt in Indien und Südostasien bei Unfällen eine große Rolle. Das sind Szenarien, die in der westlichen Welt weniger bedeutend sind. Hier gilt es somit, Motorräder sicherer zu machen, zum Beispiel mit einem Zweirad-ABS, im nächsten Schritt beispielsweise mit einem Totwinkelassistenten. Das sind Systeme, die Continental für westliche Märkte bereits seit geraumer Zeit anbietet.


  • Warum setzen die Systeme sich in Schwellenländern nicht durch?

Entscheidend sind die Kosten: Können Kunden sich ein Mehr an Sicherheit überhaupt leisten? Und: Welche Technologie macht Sinn? In vielen Ländern sind die Kunden nicht in der Lage, einen Aufpreis auf den Tisch zu legen für zum Beispiel einen Spurhalteassistenten. Und der würde in vielen Ländern kaum Sinn machen, da oftmals keine Spuren markiert sind.


  • Wie sieht also die Lösung aus?

Zunächst sind Politik und Gesellschaft gefragt, um mit einfachen Maßnahmen – Helm auf beim Motorradfahren, anschnallen im Pkw, Kindersitz auf der Rücksitzbank – die Unfallzahlen zu senken. Das muss auch konsequent durchgesetzt werden. Da haben wir als Technologieunternehmen erst einmal keinen Einfluss. Mit solchen einfach verständlichen Maßnahmen aber kommen wir schnell von den drastischen Zahlen von 1,3 Millionen Verkehrstoten und vielen Millionen Verletzten herunter. Unseren Beitrag leisten wir, indem wir kostengünstige Systeme für aufstrebende Märkte entwickeln.


  • Welche Sicherheitssysteme kommen in einem ersten Schritt für aufstrebende Märkte in Frage?

Basistechnologien. Auf der Regelungsebene sind nun ABS und ESC auch in Schwellenländern auf dem Vormarsch, das ist gut! Beides sind Technologien, die Continental mitentwickelt hat und die für wesentliche Rückgänge bei den Unfallzahlen verantwortlich sind. Ebenso entscheidend: das ABS für Motorräder, vor allem auch für kleine Klassen unterhalb von 125 ccm, die das Gros der Zweiräder in Schwellenländern darstellen. Auch das bieten wir an.


  • Welchen Beitrag liefert die interne Unfallforschung von Continental bei solchen Entwicklungen?

Wir liefern die Daten, die zeigen, welche Technologien wo helfen könnten. Wir können für jeden Markt exakt sagen, welchen Einfluss jedes Unfallgeschehen auf die Unfallzahlen hat. Zum Beispiel kollidieren in asiatischen Märkten viele Motorräder mit Autos, die gerade die Spur wechseln. Das ist ein Szenario, dass etwa in westlichen Ländern nur einen sehr geringen Anteil an den Gesamtunfallzahlen hat.


  • Was sind denn die typische Unfallszenarien in westlichen Ländern, die sich heute noch nicht vollkommen verhindern lassen?

Bei uns in Europa ist die Konstellation „Auto versus Auto“ das gravierendste Unfallgeschehen mit fatalen Folgen. Hier setzen unsere Technologielösungen an. So können wir heute zum Beispiel dank Spurhalte- und Totwinkelassistenten, Notbremsassistenten und mit einer Müdigkeitserkennung viel verhindern. Unsere Unfallforschung hat erkannt: Der abgelenkte Fahrer, der gerade auf sein Handy schaut, ist eine nicht zu unterschätzende Unfallursache.


  • Das klingt selbstverständlich.

Ja, das klingt banal, ist aber differenziert zu betrachten. Dafür beschäftigen wir auch Verkehrspsychologen, um zu verstehen, warum ein Mensch sich in bestimmten Situationen wie verhält. Die Ablenkung alleine etwa ist noch keine Unfallursache. Studien bestätigen: Erst in Kombination mit einem Fahrfehler – überhöhte Geschwindigkeit oder zu geringer Abstand zum vorausfahrenden Auto – oder mit einer Einschränkung – zum Beispiel durch Alkoholgenuss oder Übermüdung – wird es beim Thema „Ablenkung“ gravierend. Mit diesem Wissen können entsprechende Technologien eingesetzt werden.


  • Unfallopfer sitzen oft gar nicht im Pkw, sondern im Sattel ihres Fahrrads oder bewegen sich als Fußgänger durchs Verkehrsgeschehen.

Auch das bestätigt unsere Unfallforschung: Der Anteil der schwachen Verkehrsteilnehmer, die in Unfälle verwickelt werden, steigt parallel zum Rückgang der Zahlen von Schwerverletzten oder Toten in Pkw. Hier setzen wir gezielt mit Forschung und Neuentwicklungen an.


  • Insbesondere Kreuzungen gelten hier als neuralgische Unfallorte, gerade auch für schwache Verkehrsteilnehmer.

Richtig. An Kreuzungen passieren viele fatale Unfälle. Sei es, weil ein Lkw beim Abbiegen den Fahrradfahrer übersieht. Oder weil sich verschiedene Fahrzeuge gegenseitig die Sicht auf einzelne Verkehrsteilnehmer nehmen. Hier sehen wir große Potenziale für mehr Sicherheit. Wir bieten Surround Radare an, mit denen sich ein noch exakteres Bild des Verkehrsgeschehens an Kreuzungen erzeugen lässt – und gefährliche Situationen vorausschauend verhindert werden.


  • Continental setzt innovative Technologien mittlerweile nicht nur in Fahrzeugen ein, sondern auch in der Infrastruktur. So kommunizieren intelligente Kreuzungen mit Fahrzeugen und entschärfen einen Unfallschwerpunkt.

Wir müssen über den Tellerrand des Cockpits hinausschauen, um die Unfallzahlen weiter signifikant zu senken. Smarte Netzwerke aus Fahrzeugen, automobiler Infrastruktur wie intelligenten Kreuzungen und sogar auch den Mobiltelefonen von Passanten werden in Echtzeit schwierige Verkehrssituationen analysieren und so Unfälle verhindern helfen.


  • Bis solche Systeme verbreitet sind, werden Unfälle nicht ganz zu verhindern sein…

Nein, Unfälle werden vorerst weiter passieren – aber immer weniger. Entscheidend für unsere „Vision Zero“ ist auch dies: Wenn ein Unfall nicht zu vermeiden ist, so können wir dennoch seine Folgen abmildern. Die Unfallforschung und die Innovationsforschung beschäftigen sich intensiv mit dem Unfallgeschehen selbst: Wie lässt sich ein Pkw nach einer Kollision sicher zum Stillstand bringen? Wie können wir die Konsequenzen aus einer Kollision beeinflussen, um die einwirkenden Kräfte zu reduzieren oder abzuleiten? Der Airbag ist das prominenteste Beispiel. Aber auch Fußgängerschutzsysteme sind entscheidend. Die Integration von aktiver und passiver Sicherheit ist dabei wichtig. Aus diesem Gedanken heraus wurde beispielsweise die Motorhaube entwickelt, die sich im Falle eines Zusammenstoßes mit einem schwachen Verkehrsteilnehmer anhebt und so dabei hilft schlimmere Verletzungen abzufedern.


  • Gleichzeitig gibt es weltweit immer mehr Menschen, die sich immer mehr Autos kaufen. Der Trend arbeitet eigentlich gegen eine Vision Zero.

Zum Glück sind die Zahlen der Verkehrsteilnehmer nicht der bestimmende Faktor. Natürlich wird die Aufgabe immer herausfordernder, die Bewegungen sehr verschiedener Verkehrsteilnehmer so zu detektieren, zu analysieren und zu leiten, dass sich immer weniger Unfälle ereignen. Aber dafür sind Technologieunternehmen wie Continental da: Die besten, individuell maßgeschneiderten Lösungen für alle sich bietenden Szenarien zu entwickeln. Dafür benötigen wir die Daten und Analysen aus der Unfallforschung. Aktuell sind wir beispielsweise eng in die Arbeit im Rahmen unserer Partnerschaft mit Aurora eingebunden. Ziel ist es, ein kommerziell skalierbares autonomes Lkw-System zu industrialisieren und in den USA auf die Straße zu bringen. Damit fahrerlose Lkw sicher unterwegs sind, befassen wir uns beispielsweise mit der Frage, welche Anforderungen ein Lkw auf den Highways begegnet. Wir liefern so wertvolle Informationen, die in die Arbeit unserer Entwicklerinnen und Entwickler in dem Projekt einfließt.

Ich kann sagen: Wir sind auf einem guten Weg mit unseren Technologien den Weg hin zu einer Welt ohne Unfälle im Straßenverkehr – unserer Vision Zero – weiter mitzuebnen.

Die Unfallforschung liefert wichtige Informationen für das Aurora-Projekt

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